Grundwissen: Speaker of the House of Representatives

26. Januar 2023

Der Posten, der im US-Kongress die Weichen stellt

Wer Speaker of the House of Representatives ist, ist die Schaltzentrale der Macht im US Kongress. “Vorsitz des Parlaments” klingt erst einmal nicht so besonders. Aber im Gegensatz zum deutschen Bundestagspräsidenten, ist das in den USA ein Posten mit sehr vielen, wichtigen Aufgaben. Und diese Aufgaben sind sehr parteipolitisch. Das ist dort eine Besonderheit im Vergleich zu vielen anderen Staaten. Speaker of the House sind keine neutralen Beobachter, sondern kalkulieren stets für ihre Partei. Durch die Vorfälle bei der Wahl 2023 ist dieses Amt auch Teil des aktuellen Fachvortrags über die USA.

Wenn man die Legislative betrachtet, dann ist Speaker of the House of Representatives der höchste Posten. Ja, wer dort sitzt, ist sogar der zweite Nachfolger des Präsidenten, falls dieser und der Vizepräsident ausfallen.

Verwechslungsgefahr: Mehrheits- und Minderheitsführer

Aufgepasst: Es gibt in den Parteien auch noch die sogenannten Mehrheits- oder Minderheitsführer. Das sind die Parteivorsitzenden, die jede Partei schon vor der Wahl für sich selbst wählt. Je nachdem, welche Partei gewinnt, sind diese Leute dann majority oder minority leader. Keiner von diesen ist aber identisch mit dem Speaker of the House.

Beide stehen unter dem Amt des Speaker, weil dieser oder diese die eigene Partei und das gesamte Repräsentantenhaus anführt.

Sitz des Speaker of the House of Representatives im US Kongress
Die herausragende Stellung des Posten wird auch durch den zentralen Sitz "über" allen anderen Abgeordneten unterstrichen.

Wahlvorgang

Im Normalfall wird das Amt alle zwei Jahre, also nach jeder Kongresswahl, erneut besetzt. Man kann auch mehrere Wahlen in Folge Speaker sein, da es hier keine Begrenzung der Amtszeiten gibt, wie man sie vom Präsidenten kennt.

Weil der Posten so wichtig ist, bleibt er auch nie unbesetzt. Bei Rücktritt, Abwahl oder Tod wird sofort nachgewählt. Wählen darf immer das frisch gewählte House of Representatives. Das wird ja im November gewählt und im Januar ist dann Dienstbeginn. Der Speakerkandidat oder die -kandidatin benötigt dann eine einfache Mehrheit aller anwesenden und abstimmenden neugewählten Abgeordneten.

Ein Speaker of the House ist wie ein Dirigent, der das Parteiorchester am Laufen hält.

Weil jede Partei ja schon vorher intern festgelegt hat, wer bei einem Wahlsieg ihr Speakerkandidat ist, geht die Wahl meist glatt und bekommt nicht viel mediale Aufmerksamkeit. Durch das System mit nur zwei Parteien ist ja schnell klar, welche Partei die Mehrheit hat, sei es auch nur mit einer Stimme Vorsprung. Das genügt und der Speaker ist gewählt.

Warum gibt es manchmal mehrere Wahlgänge?

In der Verfassung steht, dass es einen Speaker geben muss. Aber in einem regulären Bundesgesetz ist genau geregelt, wie das Repräsentantenhaus seinen ersten Arbeitstag beginnt:

  1. Zuerst wird ein Speaker gewählt.
  2. Der oder die wird dann vereidigt.
  3. Dann kommen die frisch gewählten Abgeordneten an die Reihe. Diese werden vom Speaker – und nur von diesem – vereidigt.
  4. Erst dann sind alle offiziell im Amt und können loslegen.


Diese Reihenfolge ist starr. Das bedeutet, ohne Speaker können die anderen Kongressmitglieder nicht vereidigt werden. Das heißt, die gesamte Kongresskammer bleibt leer. Niemand hat dort ein Amt. Wenn es keinen Speaker gibt, ist nicht nur der eine Posten, sondern das gesamte House of Representatives außer Betrieb.

Darum wird die Wahl zum Speaker so lange stur wiederholt, bis es einen Sieger gibt. Dann erst haben alle einen Job und die Arbeit kann aufgenommen werden.

Mehrere Wahlgänge sind eine Ausnahme. Aber 2023 gab es aus diesem Grund 15 Wahlgänge; in den 1850ern sogar schon einmal 133 Durchläufe! Wenn es mehrere Anläufe gibt, dann ist das immer ein Zeichen dafür, dass sich die neue Mehrheitspartei irgendwie nicht einig ist. Man sieht dabei auch direkt, wer sich querstellt, weil diese Wahlen immer offen stattfinden.

Warum gibt es manchmal mehrere Wahlgänge?

Speaker of the House ist für viele Abgeordnete der Höhepunkt ihrer Karriere. Man hat dort so viele Aufgaben, dass wir hier nicht alles aufzählen können. Aber diese Übersicht gibt eine grobe Vorstellung davon, was dieses Amt bedeutet:

Termi­nierung von Gesetzen

Man bestimmt, wann welcher Gesetzentwurf vorgelegt wird.

Steering Committees

Man hat den Vorsitz über Steuerungskreise, die wiederum Komitees der Partei besetzen.

Sitzungs­leitung

Man leitet alle Sitzungen im Repräsentantenhaus, hütet die Regeln und Abläufe, erteilt das Wort und achtet auf Redezeiten.

Committee of Rules

Man bestimmt 9 von 13 Mitgliedern in diesem mächtigen Gremium. Es terminiert alle Vorgänge und legt “Verkehrsregeln der Gesetzgebung” fest. Die Mehrheit kann hier ihre eigenen Gesetzesvorschläge parteiisch bevorzugen, z.B. im Terminkalender.

Zuteilung der Gesetze

Man teilt jeden Gesetzesentwurf einem bestimmten Komitee zu. Man bestimmt also, was auf wessen Schreibtisch landet.

Stellen­besetzung

Man besetzt viele Posten und auch Sonder­kommissionen.

Joint Committees

Man besetzt gemeinsame Kommissionen von Senat und House of Representatives.

Aufsicht

Man hat die Aufsicht über zahlreiche Ämter des House of Representatives.

Kommunikation

Man ist das Gesicht des House of Representatives nach außen. Man ist Adressat für Kommunikation und Berichte von anderen Behörden und dem Präsidenten.

Öffentlichkeits­arbeit

Man hat als Wortführer eine zentrale Rolle in der Öffentlichkeit und in den Medien.

Speaker und Präsident

Sind Präsident und Speaker aus der gleichen Partei, so wird kooperiert. Man will die Agenda der Partei möglichst effizient umsetzen. Dabei stehen die zwei Führungsfiguren abwechselnd im Vordergrund, je nachdem, was besser für das Thema ist.

Ist man aber von unterschiedlichen Parteien, dann geht’s zwischen Exekutive und Legislative ab. Als Speaker of the House ist man voll im Rampenlicht als der größte Gegenspieler zum Präsidenten. Diese Rolle als Gegenfigur wird dann öffentlichkeitswirksam ausgenutzt; es wir alles getan, um die Pläne des Präsidenten zu blockieren.

Eines von zahlreichen Beispielen dafür war die Rivalität zwischen Speaker Nancy Pelosi und Präsident Nummer 45. Pelosi war 2007 übrigens die erste Frau, die das Amt je innehatte.

Fazit: Die Schaltzentrale der Macht

Zusammenfassend kann man sagen, dass Speaker of the House eine zentrale Lenkungsfunktion haben. Sie sind die Schaltzentrale der Parteipläne und des Personalmanagements. Bei ihnen als Weichensteller läuft alles zusammen. Sie behalten das große Ganze im Blick und sind die Kraft, die die Pläne vorantreiben muss. Die Legislative ist in der Realität sehr komplex. Ein Speaker ist wie ein Dirigent, der das Parteiorchester am Laufen hält.

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